Es gibt besondere Tage in einem Leben – der heutige war einer davon. Es ist zwar ein Zufall gewesen, aber ich habe einen der hohen Feiertage der Katholen an einem besonderen Ort erlebt. Man mag mir verzeihen, dass ich mich mit den Riten und Gebraeuchen in der katholischen Kirche nicht so auskenne, aber von einer grossen Show verstehen die etwas. Fuer mich war es heute aber nicht nur eine grosse Show, sondern ein ganz ergreifenden Erlebnis.
Als neugieriger Tourist war ich natuerlich gespannt, ob denn der Beotafumeio zum Einsatz kommt. An den hohen Feiertagen wird naemlich ein 70 kg schweres Weihrauchgefaess an einem 70 Meter langen Seil durch das Kirchenschiff geschwungen. Heute war ein hoher Feiertag. Mit grosser Feierlichkeit wurde anschliessend eine Monstranz unter persoenlicher Leitung des Bischofs durch die Kathedrale getragen.
Der Ritus des Gottesdienstes ist mir sicher fremd, aber ich habe grossen Respekt empfunden, wie trotz Stoerungen durch unflaetige Touristen eine sehr feierliche Messe zelebiert wurde. Von der frei und ohne Vorlage gehaltenen Predigt des Bischofs habe ich zwar kein Wort verstanden aber alles begriffen. Dabei ist mir klar geworden, dass aus der Deutschlandrundfahrt, der Tour de France und der Vuelta eine Pilgerreise geworden ist.
Ich habe an die Stationen gedacht, die ich erlebt habe. Nach der Verabschiedung am 24. September im Standortgottesdient in der St. Stephanus Militaerkirche in Munster, dem Pilgersegen fuer die Via Podiensis in Le Puy, dem Singegottesdienst auf baskisch in Saint Jean, der Pilgermesse in Conques war diese Messe heute der gefuehlte Hoehepunkt. Ich habe dabei an Isa, die Kinder, die Familie und an alle Amigos in der Heimat gedacht, die mich auf der Reise begleitet haben – und ich habe fuer alle in Dankbarkeit gebetet. Die nette Dame neben mir, so im Alter meiner Mutter, hat mir irgendwann ein paar Tempos gegeben und ich habe mich nicht geschaemt.
Eine nette Begegnung nach der Messe war das Wiedersehen der Pilgergruppe, die gestern meine Fahrradtaschen mit eingepacke hatte. Ich bin durch die Stadt gewandert und kann nur sagen, 1000 Jahre Gemaeuer koennen einen schon erschlagen.
Am spaeten Nachmittag habe ich mich dann doch in die Schlange der Besucher der Heiligen Pforte gestellt. Nach weniger als fuenf Minuten durfte ich dann auch ins Allerheiligste. Das Fotografierverbot habe ich ignoriert, die Qualitaet der Bilder ist aber nicht gerade investigationstauglich. Na ja, dass mit dem Suendenerlass habe ich ja auch eher ironisch gemeint, denn nach unserem evangelischen Verstaendnis ist die Vergebung der Suenden eine Gnade und nicht mit Taten und guten Werken zu bewerkstelligen. Und, um den alten Luther zu bemuehen, der soll ja ueber die Reliquien des Jakobus so ungefaehr gesagt haben: Ob da jetzt die Knochen von einem toten Hund, einem Pferd oder was sonst liegen, ist ungewiss.
Ich bin jetzt in der Stimmung, der Sehnsucht nach der Ferne zu folgen und ans Ende der Welt zu fahren. Das ist sicher dann der sportliche Hoehepunkt des Unternehmens. Ich hoffe, dass das Wetter ein wenig haelt, heute war es angenehm, heiter bis wolkig.
Hallo Helmut!
Nur abends komme ich dazu, Dir zu folgen.
Nun muss und werde ich den imaginären Hut vor Dir ziehen…
Respekt – Du hast es geschafft und hast für Dich ein Erlebnis zementiert, dass Dir keiner mehr nehmen kann.
Du hast etwas geleistet und da brauchst Du Dich Deiner Emotionen nicht schämen. Da ich mit den katholischen Gebräuchen besser vertraut bin, kann ich Deine Gefühle nachvollziehen – es ist schon etwas besonderes…
Nun gönne Dir etwas Entspannung und komme dann wohlbehalten zurück, diesmal mit Kräften anderer ;-).
Herzliche Grüße aus dem nassen, aber für November doch warmen Faßberg…
Ludger
Hallo Helmut,
es gibt dazu viel und doch wenig zu sagen…
BEEINDRUCKEND!!!
viele Grüße auch von Marion und Philipp
Lieber Papa,
ich bin sehr stolz auf dich!
Als jemand der aus eigener Erfahrung weiß, wieviel 2500km auf dem Rad wirklich sind, bin ich begeistert von der Lockerheit, mit der du diese Reise bewältigt hast. Für so ein erfolgreiches Unternehmen müssen viele Dinge zusammenspielen. Glück ist davon das Geringste, denn das ist mit dem Tüchtigen. Ich bin überzeugt, dass neben der gründlichen Vorbereitung und der richtigen Motivation vor allem ein gutes Stück Gottvertrauen helfen, sechs Wochen Wind und Wetter zu trotzen und auch im Kopf auf Kurs zu bleiben. Und von diesen drei Dingen hattest du wahrlich genug.
Manch ein anderer hätte schon während deiner ersten Woche aufgegeben, als du im Regen durch ganz Deutschland fuhrst, und auch Mannheim im Regen verlassen hast. Beides mit dem mit Lächeln der Gewissheit, dass das alles schon seinen Sinn hat, und am Ende alles gut wird.
Hab dich lieb,
Florian
Danke, du hast mich toll unterstuetzt!